Freitag, 8. September 2017

Ein Abend am See

„Only two rules in this car, always speak English and listen to the music you like! “, mit diesen Worten begrüßte uns die Mentorin der beiden Jungs. Mit diesen Regeln kann ich leben, dachte ich mir. Nach einer kurzen, stockenden Fahrt durch den Indischen Verkehr, erreichten wir bald unser Ziel. Einen großen See, inmitten der Stadt. Doch von einer ruhigen, entspannten See-Atmosphäre konnte wohl nicht die Rede sein. Wir erblickten ein Getümmel aus Menschen, Ganeshas und Autos mit Anhängern, die die Abbilder der Hindu Gottheit Richtung See brachten. Nun verstanden wir auch, was es mit den Trommlern auf sich hatte, die bis spät in die Nacht vor unserem Haus feierten. Sie waren auf dem Weg von ihrer Siedlung zu diesem See, in welchem zum krönenden Abschluss die Figuren aus Ton versenkt wurden, dies sollte den Gläubigen Glück bringen. An diesem See fühlten wir uns das erste Mal mittendrin in Indien und wir sind sehr dankbar, dass wir die zwei anderen Freiwilligen begleiten durften. Begleitet wurde das ganze Geschehen durch einen wunderschönen Sonnenuntergang, der das Ganze noch märchenhafter aussehen ließ, als es uns eh schon vorkam.



Gespannt beobachteten wir also, wie riesige Kräne die Plattformen samt Statuen zum Wasser brachten und dort jene von einigen Männern ins Wasser gestoßen wurden. Die umgebende Meute klatschte und johlte, die Stimmung war sehr ausgelassen. „Get back to the car, I want to show you something else“, rief uns die Mentorin der beiden anderen über die Menge zu. Wie viel mehr konnte es denn noch zu entdecken geben?

Noch sehr, sehr viel mehr! Unser Ziel war die größte Ganesha Statur der Stadt, welche ca. 12 Meter Richtung Himmel ragte. Dass wir nicht die Einzigen waren, die diese Statur sehen wollten, wurde uns schnell bewusst. Die Straßen wurden immer voller und wir waren sehr froh in männlicher Begleitung zu sein, da diese dafür sorgte, dass etliche der Blicke wieder von uns abglitten, da uns die meisten wohl für zwei verheiratete Pärchen hielten. Obwohl man in der Menschenmenge wirklich ins Schwitzen kam, war es die interessanteste Erfahrung, die wir hier bis heute sammeln durften.



Und dort wurde uns auch das erste Mal bewusst, wie viele Privilegien mit unserer weißen Hautfarbe einhergehen. Plötzlich waren wir nicht mehr umgeben von drängenden Menschen, sondern in einer eigenen Reihe mit lauter Polizisten. „Wieso sind wir denn jetzt hier, und alle anderen da drüben?“, fragte ich irritiert. „Ach, ich habe einfach ein paar Polizisten die Hände geschüttelt“, erklärte mir Moritz, der solche Situationen offensichtlich schon öfters erlebt hatte als wir. Mir persönlich ist es sehr unangenehm, aufgrund meiner Hautfarbe anders behandelt zu werden. Wenn man aber über die Koloniale Vergangenheit Indiens nachdenkt, ist dieses Anders-Behandelt-Werden aber doch nachvollziehbar. Teil unserer Aufgabe wird es hier also auch sein, in unserm Umkreis zu vermitteln, dass man nur aufgrund seiner Hautfarbe nicht besser, oder schlechter behandelt werden sollte. Dass es auf den individuellen Charakter und die Fähigkeiten ankommt, nicht auf weiß oder farbig. 


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