Es roch nach Benzin, ein leichter
Regenschauer kühlte die Luft ab und wir warteten. Auf wen genau, das war uns am
Anfang noch nicht so ganz klar. Alles was wir wussten war, dass wir uns an
einer nicht ganz so normalen Tankstelle befanden. Nach der sonst so üblichen
Dominanz des männlichen Geschlechts suchte man vergebens. Zumindestens unter
den Angestellten. Es waren allein Frauen, die die anbrausenden Motorräder und
Autos mit Benzin befüllten und danach abkassierten. Und jede Einzelne von ihnen
schien es zu genießen, hier zu arbeiten. Verständlich wird dies, wenn man
erfährt, dass es sich bei allen Angestellten um ehemalig Langzeit-Inhaftierte
handelt.
Das Gefängnis in Hyderabad
reagierte mit dieser Tankstelle auf ein gesellschaftliches Problem. Inhaftierte
Frauen werden hierzulande oft von ihrer Familie verstoßen und verlieren ihr
gesellschaftliches Ansehen. Und wenn ich bis jetzt in Indien etwas gelernt
habe, dann dass die Familie an allererster Stelle steht und es kein schlimmeres
Urteil für Frauen geben kann, als von dieser verstoßen zu werden. Zusätzlich
ist es auch sehr schwer für diese Frauen, auf eigenen Beinen zu stehen und
einen ehrenhaften Beruf zu finden, um ihren Lebensunterhalt selbst zu
finanzieren. Diese Tankstelle bietet den Frauen einen Neustart. Die Bezahlung
ist - laut Angaben der Chefin – doppelt so hoch, wie im landesweiten Durchschnitt
für den gleichen Job. Außerdem sprechen Berater des Gefängnisses (auch in
Zusammenarbeit mit unserer NGO Bhumika) mit den Familien und versuchen, sie für
die Situation der Frauen zu sensibilisieren. Oft können zumindest die Kinder
davon überzeugt werden, dass ihre Mütter keine Monster sind. Aber natürlich ist
hier jeder Fall genauso unterschiedlich, wie die angestellten Frauen.
Im Gespräch mit den Frauen fiel mir
auf, dass ich für die begangenen Taten sehr viel Verständnis aufbringen konnte.
Wenn ich mich in Deutschland mit einer verurteilten Mörderin unterhalten hätte,
wäre das wahrscheinlich anders ausgegangen. Aber wenn mir eine Frau anvertraut,
dass sie ihre Schwiegermutter oder ihren Ehemann aus Verzweiflung umgebracht
hat, um sich selbst vor häuslicher Gewalt und Missbrauch zu schützen, dann ist
es mir nicht möglich, diese Frau für ihre Tat zu verurteilen. Dann bin ich eher
froh, dass ihr hier eine Chance auf Resozialisierung geboten wird.
Auf wen genau wir jetzt die ganze
Zeit an der Tankstelle gewartet haben, dass erfahrt ihr im nächsten
Blog-Eintrag.
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